Science meets Business: Vom Labor zum Produkt

Von der Idee bis zum fertigen Produkt oder zur finalen Dienstleistung ist es ein weiter Weg. Das gilt besonders für den wissenschaftlichen Bereich. Was in einem Labor begann, braucht noch viele weitere Schritte, um auf den Markt gebracht zu werden. Einer, der den Produktweg begleitet, ist Christian Böhm. Wir sprachen mit ihm über die Herausforderungen und seine Leidenschaft, aus Wissenschaft ein Geschäft zu machen.

Christian Böhm ist ein vielseitiger Generalist mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung im Schnittpunkt von Wissenschaft und Wirtschaft. Er hat sich darauf spezialisiert, wissenschaftliche Innovationen in tragfähige Geschäftsmodelle umzusetzen und erfolgreiche DeepTech-Unternehmen aufzubauen. Mit seinem wissenschaftlichen Hintergrund als promovierter biophysikalischer Chemiker und Forschungsstipendien an der Harvard University und der Max-Planck-Gesellschaft, kann er komplexe Technologien in Geschäftsstrategien übersetzen, die Investoren verstehen. Diese vielfältige Erfahrung ist die Grundlage für seine Arbeit bei valorwerk, wo er Wissenschaft und Geschäft verbindet und Kunden im DeepTech-Bereich zum Erfolg führt.

Du kommst aus dem wissenschaftlichen Bereich, bist promovierter Naturwissenschaftler, hast in Harvard geforscht. Wie kamst Du in die Beratung?

Mein absolutes Lieblingsthema ist es, aus Wissenschaft Business zu machen. Aber das war zu Beginn meiner Karriere nicht mein Plan. Erst als ich in Harvard war, habe ich diesen Bereich kennen gelernt. Mein Betreuer dort hatte zwei Jahre zuvor ein Startup gegründet. Er wollte eine von ihm entwickelte Technologie im Medizinbereich voranbringen. Der Arbeitskreis war also auf die Anwendung der Technologie fokussiert. Das war ein ganz neuer Ansatz für mich als Forscher – und mein erster Einblick in die Startup-Welt.

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Wie kamst Du dann von der Forschung in die Beratertätigkeit?

Die Themen Produkt und Anwendung haben mich danach nicht mehr losgelassen, weshalb ich direkt in eine Beratertätigkeit im Bereich Innovation Chemie und Biologie gegangen bin. Hier habe ich in sehr kurzer Zeit sehr viel gelernt. Ich bin dann auf der Business-Seite geblieben und habe mich auf die Produktentwicklung spezialisiert. Mein Ziel ist die Produktentwicklung mit Innovation und wie Business organisiert werden kann.

Du bist jetzt sehr viel im Startup-Umfeld tätig. 

Genau. 2018 kam der Sprung in diese Welt – und seitdem bin ich ihr treu geblieben. Zuerst direkt in einem Startup, und danach in der eigenständigen Beratung. Ich unterstütze Startups und Investoren bei der Produktentwicklung. Viele neue wissenschaftliche Errungenschaften klingen gut – aber wie können sie umgesetzt werden? Aktuell bin ich besonders in den Thematiken Batterieforschung und Alternative Meat tätig.

Was sind die größten Herausforderungen für Startups und Investoren?

Sehr viele Startups scheitern nicht an der Idee, sondern an der Umsetzung. Die Technologie selbst hat keinen Wert – der entscheidet sich erst durch das Problem der Kunden, das die Innovation löst. Ein Produkt, das vermarktbar ist, braucht viel mehr als die Technologie.

  • Es muss in größeren Mengen produzierbar sein.
  • Es muss wirtschaftlich herstellbar sein.
  • Die Anforderung an Qualität, Reproduzierbarkeit und Bewusstsein müssen da sein.

Gerade die Reproduzierbarkeit muss gegeben sein. Die Anforderungen, die im Labor herrschen und in der realen Welt gegeben sind, sind sehr unterschiedlich. Deshalb differenziere ich immer zwischen der Technologie und einem guten Produkt, das ein Problem löst. Was außerdem nicht vergessen werden darf: So gut wie eine Idee auch ist, passt sie denn in den bisherigen Workflow und Ablauf in der Herstellung?

Diese Fallstricke kannst du nur lösen, wenn du eine gute Schnittstelle zwischen Business und Science hast. Es braucht die geschlossene Linie zwischen Wissenschaft, Technologie, Produkt und dem Investor. Mein Mantra bei der Produktentwicklung lautet: Welches Problem lösen wir mit dem neuen Feature? Denn das ist letztendlich entscheidend für den Kunden. Dieser Wert steht im völligen Kontrast zum Feld der Wissenschaft. Dort will man verstehen – aber Technologie ist nicht gleich Produkt. Investoren und Wissenschaftler sind jeweils in ihrer Blase – sie brauchen jemanden, der die große Blackbox löst.

Was sind die größten Risiken?

Erfolgreiche Produktentwicklung braucht auch das Problem. Man muss den Schritt zurück gehen zum Kunden. Das große Risiko ist, dass die Technologie nur in der Entwicklung steckt. Oder dass noch ein Element fehlt, um eine Marktreife zu erhalten. Ich kann hier auf mein großes Netzwerk zurückgreifen, um die passenden Verbindungen herzustellen.

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Wie bringst Du Wissenschaftler und Investoren zusammen?

Ich versuche, das Sprachproblem mit Zahlen zu lösen, einem zahlenbasierten Kommunikationsmodell sozusagen. Alles kann quantifiziert werden. Das kann z.B. so aussehen: ‚Ihr sagt, ihr könnt mit der Technologie Parameter x verzehnfachen. Damit können wir ein Produkt produzieren, das 5x schneller ist und 3x weniger Kosten für den Kunden hat.‘

Die Wissenschaftler wissen, was sie umsetzen sollen, die Investoren wissen, was sie erwarten können. Das Ziel muss immer sein, mit möglichst wenig Investment den größten Mehrwert zu entwickeln. Es muss beantwortet werden, wie das minimale wirtschaftlich profitable Produkt aussehen kann. Es gibt oft sehr viele Details, die optimiert werden können. Später können diese Features ausgebaut werden.

Woran scheitert die Umsetzung von Innovationen am häufigsten?

Am häufigsten scheitert es daran, dass das Produkt vorab nicht gut genug definiert wurde – und dass der Kundenwunsch nicht erfüllt wird. Wer da mit Marktverständnis auf den Businessplan schaut, sieht das auch sofort.

Aber auch wenn das Produkt gut definiert ist und die Forschung vorankommt, ist es manchmal mit extremem Risiko verbunden, Produktanforderungen zu erfüllen. Investoren werden ungeduldig und die Wissenschaft kommt nicht im geplanten Tempo weiter. So scheitern Startups, obwohl schon viel Geld investiert wurde. Das ist der absolute Worst Case für jedes Projekt.

Deshalb ist es wichtig, sich vorab zu fragen: Woran könnte es scheitern? Und wie können wir das im Fall des Falles auffangen?

Was ist Dein Tipp für den Weg von der Wissenschaft zum Produkt?

Hier steckt ganz viel in der Emotion. Es braucht natürlich Mut, um ein Startup zu gründen. Du musst Feuer und Flamme sein für deine Idee. Wenn da keine Emotion ist, wird das Projekt scheitern. Aber die Emotion ist wiederum auch hinderlich. Man sieht Dinge gerne mal positiver, als sie wirklich sind.

Am Ende des Weges, wo die Vermarktung steht, baust du die Emotion wieder auf. Das ist auch notwendig im Vertrieb. Aber zu Beginn sind es schlicht Naturgesetze – du kannst Fakten nicht schön reden. Deshalb ist die zahlenbasierte Sprache wieder sehr gut. Zahlen sind emotionslos. Es geht nicht um die Bewertung: Schlecht oder nicht schlecht. Sondern darum, ob eine Idee umsetzbar ist oder nicht.

Ein Schritt zum Startup ist oftmals ein großes Investment und ein großes Risiko. Die Kunst ist, weg vom Technologie-Fokus zu kommen hin zum Produktfokus.

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