Persönlichkeitstypen – Chronische Krankheiten frühzeitig erkennen

Jeder kennt stressige Phasen. Wie in Kurvendiagrammen schlängeln sie sich durch unser Leben. Doch manchmal verharren wir zu lange – und es entsteht ein Plateau. Das beeinflusst unsere Persönlichkeit.

Dr. Reimar Palte hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit einem Persönlichkeitstest zu helfen, zurück in ihre Mitte zu finden, wenn diese ins Wanken geraten ist. Er misst dafür die Persönlichkeitsstile in 6 Dimensionen:

Wahrnehmungsdimensionen:

  • S – spezifische Wahrnehmung: Aussage darüber, wie sehr wir ins Detail gehen bzw. uns darin verlieren
  • A – automatische Wahrnehmung: Aussage darüber, wie gut die Aufnahmefähigkeit ist, ist fehlerbehafteter

Entscheidungsdimensionen:

  • O – objektive Entscheidung: Aussage darüber, wie analytisch jemand ist
  • P – persönlich Ebene: Aussage über Werte, Ideen, Kreativität, Erinnerungsvermögen, Emotionen

Grunddimensionen:

  • Sicherheitsbedürfnis: Introversion
  • Bedürfnis nach Stimulation: Extraversion

Beispiel:

„Bei Menschen mit chronischen Krankheiten verstärkt sich die spezifische Wahrnehmung. Die Patienten achten vermehrt auf jedes „Zimperlein“, sind detailgenauer. Durch das Grübeln über die „Zimperlein“ steigern sie sich noch mehr hinein. Alles Negative können sie sehr gut sehen. Eine weitere Zunahme findet in der Dimension Sicherheitsbedürfnis statt. Die zwei Werte O (objektive Entscheidung) und P (persönliche Ebene) sinken hingegen. Die Entscheidungsebene wird schwächer und das Gefühl für einen selbst nimmt ab. Fazit: Während man Fehler vermehrt wahrnimmt, kann man sich gleichzeitig weniger gut selbst spüren. Der Patient kann nicht fühlen, dass er sich schlecht fühlt.“ Dr. Reimar Palte

Wozu das Wissen um Persönlichkeiten?

Die Psychologie hat viel Kraft und Möglichkeiten der Einflussnahme. Deshalb ist es essentiell, dass auch in der Arbeitswelt Führungskräfte und HR das Thema „Persönlichkeit“ mitdenken. Persönlichkeitstests können Aufschluss geben, wie die Mitarbeiter langfristig am besten arbeiten können. Dr. Reimar Palte empfiehlt, implizite Tests im Gegensatz zu expliziten. Sie sehen mehr „unter die Oberfläche“ und sind dadurch aufschlussreicher. Explizite Verfahren können durch die Fragestellung leichter durchschaut werden – und werden auch dementsprechend beantwortet.

„Je größer die Abweichung zwischen der Selbstwahrnehmung der Probanden und dem Testergebnis ist, desto schlechter geht es ihm oder ihr. Die Selbstregulation und Resilienz sind nicht mehr gut. Ihm oder ihr ist nicht klar, wieso so vieles unklar ist im Leben.“ Dr. Reimar Palte

Was passiert im Kopf?

Bei der Ausbildung chronischer Krankheiten sinkt die Fähigkeit der Plastizität. Das ist die Fähigkeit zu lernen und neue Synapsen und Verbindungen im Gehirn zu bilden. Das sieht man als Folge der Depression und von depressiven Vorstufen wie Burnout. Auslöser dafür sind akute und chronische Belastungen und Stress. Wenn diese lang anhalten, führt das zur Überlastung des gesamten Körpers – die Plastizität sinkt. Die Verbindungen im Gehirn leiden – und die Verbindungen im echten Leben auch. Auch Schlafentzug kann dazu führen.

„Ich schlafe 7–8 Stunden pro Tag. Als mein eigener Chef kann ich meinem Bio-Rhythmus folgen. Das kann leider nicht jeder. Trotzdem ist das ein sehr wichtiger Faktor, wenn es um stressige Zeiten geht. Dass wir während anstrengender Phasen auch schlechter schlafen, ist ein Teufelskreis.“ Dr. Reimar Palte

Auch das Herz spricht

In der Forschung wird vermehrt mit Herzratenvariabilität gearbeitet. Die sogenannten HRV-Messungen gehen mit dem persönlichen Entscheidungsfindungs-Wert einher. Je mehr Selbstliebe man verspürt, je besser man sich selbst kennt, je enger ist auch der Wert in der Herzratenvariabilität. Je weniger hoch die Werte auf der persönlichen Ebene sind – also mehr Distanz im Leben vorhanden ist – desto schneller ist man durch äußere Einflüsse überfordert. Forschungen haben gezeigt, dass ein niedriger P-Wert darauf schließen lässt, dass auch eine geringere Herzratenvariabilität vorhanden ist.

„Die Messung des HRV-Werts ist nicht schwierig: Das geht über die Smartwatch oder Smart-Ringe. Es ist jedoch Vorsicht bei diesen Trackern geboten. Schauen Sie mit Wohlwollen auf das Instrument und sehen Sie die Messung immer langfristig. Wenn man sich in diesen Wert hineinsteigert, sich selbst Stress macht und unglücklicher wird, dann ist das schlicht nicht gut.“ Dr. Reimar Palte

Fallstudie: Stress Coping

Stress Coping ist die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen und Stress abzumindern. Bei einer Studie von 200 Probandinnen und Probanden, allesamt ApothekerInnen mit abgeschlossenem Pharmazie-Studium, wurde eine deutliche Abweichung von der Gesamtheit der Menschen festgestellt. Sie hatten ein überdurchschnittliches Bedürfnis nach Sicherheit. Das wirkt sich unmittelbar auf Resilienz und Stress Coping aus.

Gemessen wurden die Motive Leistung, Bindung und Gestaltung. Die Pharmakologinnen und Pharmakologen hatten eine signifikant hohe Leistungsmotivation. Das führt dazu, dass sie bis zum Umfallen arbeiten. Sie haben jedoch häufig das Gefühl, dass sie nicht genug geleistet haben, brauchen viel Zuspruch und fühlen sich wenig geschätzt. Also obwohl sie sehr viel leisten, fühlen sie nicht den erhofften Selbstwert. Sie fühlen sich schlecht. Ihr Gehirn schickt die falschen Signale.

Fordernde Situationen meistern

Viele Studien belegen, dass sich die Persönlichkeit in stressigen Situationen verändern kann. Folgendes können wir tun, damit wir besser damit umgehen lernen und uns langfristig gut fühlen:

  • sich selbst genau beobachten und auf die eigenen Bedürfnisse hören
  • ausreichend Schlaf
  • Erholungsphasen einplanen
  • Entspannungsübungen wie Meditation

Über Dr. Raimar Palte

Betriebswirt (WA) / Diplom-Sozialökonom (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) / Dr. rer. pol. (Thema Wissensmanagement) / Ausbildereignung nach AEVO

Er bringt über 25 Jahre Berufserfahrung als Management- und Organisationsberater (PwC, Accenture), Coach, Trainer, Mediator, Führungskraft sowie Geschäftsführer in mittelständischen Organisationen mit bis zu 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit. Zudem ist Reimar Palte Hochschuldozent und Autor von Fachartikeln zu den Themen Personalmanagement, Organisation, Wandel und Wissensmanagement.

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