Internes Coaching – Was spricht dafür?

Der Coaching-Markt wandelt sich. Das zeigen Statistiken. Die neueste Untersuchung der Rauen Coaching-Marktanalyse 2024 wertete 1.326 Fragebögen aus. Untersucht wurde, wie sich der Coaching-Markt im Vergleich von 2023 zu 2024 gewandelt hat. Gefragt wurde z.B. nach Einkommen, Branchen oder Coaching-Formaten. Zum ersten Mal wurde auch der interne Coaching-Markt analysiert. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass dieses Feld zunehmend beliebter wird.

Die ausgewerteten Zahlen lassen vermuten, dass Unternehmen zunehmend auch auf interne Coaches setzen als auf das Coaching durch die Führungskraft. Und das ist nicht verwunderlich. Führungskräfte können nur bedingt neutral agieren. Für Coaches wird deshalb das Arbeitsfeld als interner Coach immer interessanter. Die Bezeichnung “interner Coach” steht auch im Gegensatz zu extern eingekauften Coachings. Es bedeutet allerdings nicht, dass die Coaches ausschließlich angestellt sind.

Gründe für internes Coaching

Interessanterweise sind es nicht die Kosten, die interne Coachings beliebter machen. Führungskräfte- und Mitarbeiterentwicklung sind stattdessen die wichtigsten Faktoren. Zwar würden bereits angestellte Mitarbeiter mit den erforderlichen Kompetenzen die Kosten nicht erhöhen, jedoch sind sich fast die Hälfte der Befragten einig, dass die Gründe im rein faktischen Entwicklungsbedarf liegen.

In den Unternehmen gibt es dementsprechend nicht nur Mitarbeiter, die das Angebot nutzen möchten, sondern auch Mitarbeiter, die ein Coaching gerne anbieten möchten. Der Bereich wird als Teil der Personalentwicklung bzw. Organisationsentwicklung gesehen und hat damit einen hohen Stellenwert für das Vorankommen in den Organisationen.

Marketingmaßnahmen für interne Coachings

Auch interne Coachings müssen erst einmal publik gemacht werden, sodass der Bedarf ermittelt werden und daraus resultierend das Angebot an die Personen ausgegeben werden kann. Die häufigsten Maßnahmen unter den Befragten sind die Mund-zu-Mund-Propaganda und die Verbreitung des Katalogs über das Intranet bzw. andere interne Newskanäle oder bei Info-Veranstaltungen.

Die Mund-zu-Mund-Propaganda gilt allgemein als effektivste Maßnahme für Coaches, intern wie extern, um Marketing zu betreiben.
Die Mund-zu-Mund-Propaganda gilt allgemein als effektivste Maßnahme für Coaches, intern wie extern, um Marketing zu betreiben. | Foto von Medienstürmer auf Unsplash

In vielen Unternehmen wird über das Angebot auch über Führungskräfte bzw. die HR-Abteilung informiert. Die Vermittlung durch diese Instanzen direkt an den Mitarbeiter kann jedoch auch so gelesen werden, dass explizit Coaching-Bedarf gesehen wird. Der Hinweis könnte missverstanden werden. Hier ist Feingefühl in der Kommunikation gefragt.

Zentrale Themen im internen Coaching (im Vergleich zu externem Coaching)

Die wichtigsten Themen bei internen wie externen Coachings sind identisch. Darunter fallen Entwicklung und Erweiterung der Führungsfähigkeiten und -persönlichkeit, Karriereentwicklung, persönliches Wachstum und Selbstentwicklung. An zweiter Stelle steht bei beiden Coaching-Arten das Konfliktmanagement. Dagegen wird das Selbst- und Zeitmanagement bei internen Coachings weniger oft behandelt als bei externen Coachings. Team-Entwicklung und Stressmanagement spielen im internen Coaching eine sehr viel kleinere Rolle als im externen.

Tabu-Themen im internen Coaching

Nicht alle Themen will jedes Thema besprochen werden. Das Verhältnis von internen Coaches zum Coachee kann komplexer sein. Beide arbeiten für die gleiche Organisation. Das kann zu Herausforderungen hisichtlich der Neutralität und Loyalität führen. Im kollegialen Umfeld kann es auch zu Hemmungen kommen, gewisse Themen anzusprechen.

Interessanterweise ist dieser Umstand für rund ein Viertel der Befragten nicht essentiell. Sie sind der Meinung, dass es keine Tabu-Themen gibt. Die Mehrheit sieht Themen rund um gesundheitliche oder therapeutische Richtungen als schwierig an. Private Beziehungsprobleme bzw. andere private Probleme ohne Bezug zum Unternehmen stellen einen weiteren wichtigen Tabu-Punkt dar.

Gerade interne Coachings stellen auch interne Belange in den Fokus, weshalb es nachvollziehbar ist, dass private Themen als Tabu-Thema gesehen werden. Jedoch hat unser Privatleben gravierende Auswirkungen darauf, wie wir uns im Business verhalten bzw. weiterentwickeln können. Deshalb sollte dieser Umstand von Organisationen unbedingt im Auge behalten werden.

Vorteile des internen Coachings

Der größte Vorteil, den interne Coachings mitbringen, liegt klar auf der Hand: Die Kenntnis der internen Prozesse, Strukturen und Personen. Das gaben fast die Hälfte der Befragten an. Es ist keine Einarbeitung in die Organisation nötig, stattdessen kann direkt mit dem Coaching-Prozess begonnen werden. Das senkt dementsprechend auch die Kosten, denn der Zeitaufwand für die Einarbeitung fällt weg. Dies sehen allerdings auch einige der Coaches kritisch und als Nachteil des internen Coachings, denn dadurch fällt die Bezahlung geringer aus. Der Vorteil entsteht also nur auf der Organisationsseite und nicht seitens des Coaches.

Die kurzfristige und flexible Verfügbarkeit bietet jedoch für alle Seiten Vorteile: Organisation, Coach und besonders dem Coachee. Zudem ist keine Akquisition notwendig und auf gleicher Ebene ist das Vertrauen hoch bzw. schneller gegeben, da man sich intern bereits kennt. Je unkomplizierter und schneller der Weg zum Coach ist, destoeher wird die Möglichkeit auch in Anspruch genommen.

Nachteile des internen Coachings

Den größten Nachteil sehen Coaches in den Abhängigkeiten durch die Organisationszugehörigkeit, gleichauf mit der mangelnden Distanz zu den Klienten und der mangelnden Neutralität. Auch die geringe thematische Bandbreite sowie die bereits angesprochene schlechtere Bezahlung bewerten die Befragten als Nachteil. Ein geringer Anteil zeigt sich auch skeptisch gegenüber dem Commitment der Klienten. Es scheint, dass sie es als lästige – kostenlose – Maßnahme sehen.

Interne Coachings bieten zahlreiche Vorteile, wie die Kenntnis der internen Strukturen und schnelle Verfügbarkeit, stellen aber auch Herausforderungen hinsichtlich Neutralität und Themenvielfalt dar. Dennoch können sie, wenn richtig implementiert, einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung von Führungskräften und Mitarbeitern leisten und somit das gesamte Unternehmen voranbringen.

 

Rauen, C., Barczynski, D., Ebermann, D., Plath, Alexandra & Tanzil, I. (2024). RAUEN Coaching-Marktanalyse 2024. Version vom 16.05.2024. Verfügbar unter https://www.rauen.de/cma/

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