Business-Interviews: Wer etwas zum Positiven verändern will, braucht klare Informationen

In einer Welt, in der Kommunikation oft mit „viel reden“ verwechselt wird, bleibt eine zentrale Fähigkeit oft unbeachtet: das gezielte Fragenstellen. Warum sprechen wir so viel, ohne wirklich zuzuhören? Und warum stellen wir nur selten offene Fragen?

Theresa Gondorf ist Geschäftsführerin Operations bei G/SO und Spezialistin für Customer Excellence und Bestandskundenausbau. Die studierte Wirtschaftspsychologin und Expertin für Business-Interviews beleuchtete im Rainmaker Society Webinar die oft unterschätzte Kraft des Fragens und die Konsequenzen von Annahmen aus Unwissenheit im Business.

Wissenslücken mit Annahmen zu füllen, ist, so Gondorf, eine der größten Gefahren im Unternehmensalltag. Sie zeigt, wie Interviews und gezieltes Nachfragen helfen können, Kundenzufriedenheit nachhaltig zu verbessern und sogar Großkunden zu halten. Ihre Praxisnähe macht sie zur Expertin in diesem Bereich, insbesondere wenn es darum geht, wie man durch Business-Interviews langfristig erfolgreiche Partnerschaften pflegt.

Wissenslücken und Annahmen: Die Ursachen von Missverständnissen

Viele Probleme im Projektmanagement oder in der Kundenkommunikation entstehen durch Annahmen und ungeklärte Verantwortlichkeiten. Theresa Gondorf bringt es auf den Punkt: „Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Anders gesagt: Wer im Business keine Fragen stellt, ersetzt Wissen oft durch Vermutungen – und riskiert so Missverständnisse und damit finanzielle Verluste. Fehlende Klärung von Verantwortlichkeiten in Projekten kann zu Verzögerungen und Überschneidungen führen.

Auch in der Kundenkommunikation können Annahmen zu falschen Versprechungen über interne Abläufe führen, was die Kundenbindung gefährdet. Die Lösung? Klar und gezielt nachfragen, um Informationslücken zu schließen und fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Die Methode: Wie Business-Interviews funktionieren

Theresa Gondorf setzt auf Experteninterviews, ein Konzept aus der Psychologie und Sozialforschung. Dabei sieht sie ihre Interviewpartner als Expert*innen ihres jeweiligen Bereichs und nutzt qualitative Analysen, um Muster und Cluster zu erkennen, etwa bei der Messung der Kundenzufriedenheit. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse in konkrete Handlungsempfehlungen für das Management übertragen. Interviews helfen somit nicht nur, interne Abläufe zu verstehen, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterbindung und Positionierung im Employer Branding abzuleiten. Diese Form der Kommunikation erfordert jedoch die Bereitschaft, Antworten auch dann stehen zu lassen, wenn sie unbequem sind, und nicht in eine Rechtfertigungsschleife zu geraten.

Praktische Tipps für erfolgreiche Business-Interviews

  • Offene Fragen stellen: Diese regen zu ausführlichen Antworten an, während geschlossene Fragen spezifische Informationen liefern.
  • Framing und Priming vermeiden: Die richtige Fragestellung beeinflusst, wie offen oder ehrlich die Antworten ausfallen. Theresa empfiehlt, erst die Gefühle zu erkunden („Bauch und Herz“), bevor man zu logischen Schlussfolgerungen („Kopf“) übergeht.
  • Aktives Zuhören und gezieltes Nachfragen: Nicht nur Antworten abwarten, sondern auch versteckte Appelle erkennen und gezielt nachfragen, um die Informationen richtig einordnen zu können.
  • Verbindung aufbauen: Eine Balance zwischen Offenheit und Zurückhaltung finden. Das Schaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre ist essentiell, um ehrliches Feedback zu erhalten.
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Workshops und Befragungen: Wann welche Methode passt

Workshops und Interviews ergänzen sich gut und bieten je nach Zielstellung verschiedene Vorteile:

  • Workshops sind interaktive Formate, die sich besonders für kollaborative Entscheidungsprozesse und kreatives Brainstorming eignen. Sie sind zeit- und planungsintensiv, ermöglichen jedoch durch dynamische Zusammenarbeit und Echtzeit-Austausch schnelle Fortschritte.
  • Quantitative Befragungen (z.B. Online-Fragebögen) bieten statistisch aussagekräftige Ergebnisse und eignen sich gut für Userfeedback und KPI-Tracking, haben jedoch oft eine eingeschränkte Flexibilität.
  • Qualitative Interviews erlauben tiefe Einblicke und flexible Nachfragen, sind jedoch subjektiver und zeitaufwändiger. Besonders sinnvoll sind sie, wenn es um Kundenzufriedenheit und interne Prozesse geht.
  • Externe qualitative Interviews bieten den Vorteil von Neutralität und Vertraulichkeit, sind jedoch mit höheren Kosten und logistischen Herausforderungen verbunden. Sie eignen sich für Themen wie Employer Branding oder strategische Positionierung.

Case Study: Ein Großkunde im Fokus

Theresa Gondorf teilt einen Praxisfall: Die Herausforderung, einen der größten Outsourcing-Verträge weltweit zu verlängern. Hier traf die tatsächliche Leistung nicht auf die wahrgenommene Qualität beim Kunden, was durch geerbte Voreingenommenheit verschärft wurde. Die Hauptkritikpunkte – fehlende Proaktivität, mangelnde Verantwortungsübernahme und gestörtes Vertrauen – machten ein Umdenken nötig. Mithilfe intensiver Trainings, regelmäßiger Befragungen und gezielter Verbesserungsmaßnahmen gelang es, die Kundenzufriedenheit signifikant zu steigern und die hohe Anzahl an unzufriedenen Kunden auf eine gesunde Verteilung zu reduzieren. Das Resultat: Eine Vertragsverlängerung und eine gefestigte Partnerschaft.

Theresa Gondorf fasst ihre Erfahrungen in einem klaren Leitfaden zusammen: Business-Interviews bieten nicht nur wertvolle Informationen, sondern unterstützen durch gezieltes Nachfragen auch die langfristige Weiterentwicklung des Unternehmens.

Über die Expertin: Theresa Gondorf

Theresa Gondorf ist Geschäftsführerin Operations bei G/SO und Spezialistin für Customer Excellence und Bestandskundenausbau. Für ihr Studium der BWL und Wirtschaftspsychologie und ihre Tätigkeit in einem internationalen IT-Konzern bereiste sie 13 Länder, um die Zufriedenheit des Kunden im fünf Milliarden großen Outsourcingvertrag zu steigern. Heute berät sie Beratungshäuser und Agenturen bei der Bindung ihrer Stammkunden und beim Up- und Cross-Selling.

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