Stellenabbau – und dann?
Entlassungswellen in Großunternehmen wie VW, SAP oder Bayer zeigen es deutlich: Selbst wer über Jahre hinweg loyal war, gute Ergebnisse geliefert und sich in die Firmenkultur integriert hat, ist nicht automatisch unantastbar.
2025 ist das Jahr, in dem viele zum ersten Mal begreifen, wie schnell eine Karriere ins Rutschen kommen kann. Besonders auffällig ist, dass oft erfahrene Leistungsträger gehen müssen – Menschen, die mehr als 10 Jahre im Unternehmen gearbeitet haben. Sie stehenauf einmal auf dem Arbeitsmarkt und merken zum ersten Mal: Niemand „ruft” nach ihnen. Es gibt keine schnellen Angebote, keine Interviews, keine echten Optionen.
Was folgt, ist ein Bruch mit dem bisherigen Selbstbild. Der Glaube, dass man nach so vielen Jahren im Job doch sicher schnell etwas Neues findet, hält der Realität nicht stand. Denn der Arbeitsmarkt definiert ständig neue Spielregeln – in Zeiten von Disruption und Digitalisierung ist es schwer, hier wieder den Überblick zu bekommen.
Die Illusion der lebenslangen Karriere
Gerade im Konzernumfeld herrscht eine trügerische Sicherheit. Wer dort Karriere gemacht hat, verlässt sich auf seinen bisherigen Track Record: Große Projekte, Teamführung, internationale Verantwortung. Doch auf dem kompetitiven Arbeitsmarkt, vor allem außerhalb der bisherigen Konzernwelt zählt dieser Track Record nicht mehr. Tatsächlich berichten viele ehemalige Führungskräfte von einer ernüchternden Erfahrung: Sie bewerben sich, werden aber nicht eingeladen. Oder sie werden eingeladen, aber nicht eingestellt.
Die Rückmeldungen? „Zu wenig digital.” Oder: „Fehlende Agilität.” Zu lange im selben Unternehmen. Zu teuer. Zu „konzernig“ … Dabei ist die Nachfrage nach hochkarätigen Fach- und Führungskräften durchaus da – das zeigen nicht nur die unzähligen offenen Stellen auf Plattformen wie LinkedIn oder StepStone, sondern auch die regelmäßigen Klagen aus der Wirtschaft. Paradox nur: Während Unternehmen über Fachkräftemangel stöhnen, klagen trotzdem Kandidaten über fehlende Angebote.

Wenn die Leistungsträger ins Leere laufen
Besonders stark betroffen sind die, die eigentlich nie eine Pause gemacht haben. Die sogenannten Arbeitstiere – Menschen, die sich über Produktivität, Verantwortung und Ergebnisse definieren. Für sie ist der Wegfall der beruflichen Struktur nicht nur ein organisatorisches Problem, sondern ein existenzielles.
„Zwei Wochen Urlaub – und dann fangen sie an, die Wände hochzugehen. Ehrenamt? Zu wenig. Sabbatical? Zu leer. Die wollen wieder liefern“, beschreibt Dirk Schuran seine Beobachtungen aus zahlreichen Gesprächen.
Diese Menschen trifft die Leere nach dem Jobverlust mit voller Wucht. Nicht unbedingt, weil das Geld fehlt – sondern, weil das Spielfeld fehlt. Kein Team, keine Strategie, kein Kalender. Der bisher gekannte Alltag bricht zusammen, und mit ihm die aufgebaute Identität. Das ist eine Erfahrung, die selten laut ausgesprochen wird – vor allem nicht auf LinkedIn oder in Bewerbungsgesprächen. Aber sie ist real. Und sie bremst viele aus, bevor sie überhaupt neu starten können. Denn wer keine innere Klarheit hat, findet im Außen selten die richtige Richtung.
Warum niemand wartet – und warum das trotzdem gut ist
So bitter es klingen mag: Niemand wartet. Nicht der Headhunter. Nicht das Unternehmen. Nicht die Branche, in der man 15 Jahre erfolgreich war. Das hat nichts mit der Person selbst zu tun – sondern mit dem Tempo des Markts. Die gute Nachricht: Darin liegt die eigentliche Chance! Wenn niemand wartet, ist man frei, sich neu zu definieren, sich zu überlegen, was man wirklich will – statt zu nehmen, was man kriegt.
Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus, sich aus alten Rollen zu lösen. Nicht im Sinne eines kompletten Neuanfangs, sondern im Sinne einer klaren, aktiven Neupositionierung. „Es geht nicht mehr darum, irgendwo reinzupassen. Es geht darum, sichtbar und relevant zu sein“, bringt es Julian Heikenfeld auf den Punkt. Und das bedeutet: nicht warten, sondern gestalten. Nicht nur den Lebenslauf pflegen, sondern Wirkung zeigen.
Der Weg raus: Fünf Schritte für einen Neustart
1. Klarheit vor Aktionismus
Der größte Fehler nach dem Weggang ist es, sofort in Aktionismus zu verfallen. Schnell einen Job finden, irgendwas machen, nicht zu lange draußen sein. Wer ohne klare Richtung losläuft, landet oft im nächsten Mismatch. Besser ist es, bewusst innezuhalten. Wo steht man? Aber noch viel wichtiger: Wo will man hin? Eine externe Perspektive hilft in dieser Phase sehr: Coaching, Mentoring, Sparring – wie auch immer man es nennt. Entscheidend ist, dass jemand mit Erfahrung mitschaut, was wirklich weiterbringt.
2. Relevanz sichtbar machen
Dein CV ist kein Kunstwerk, sondern ein Kommunikationsmittel. Er muss auf einen Blick zeigen, warum man heute relevant ist. Nicht nur, was gemacht wurde, sondern was bewegt wurde. Was jeden von anderen unterscheidet. Und das gilt auch für das LinkedIn-Profil: Wenn man Erfolgsstories hat, sollte man diese auch der Außenwelt zeigen. Digitale Präsenz ist schon lange kein Ego-Tool mehr, sondern schlichte Karrierestrategie.
3. Netzwerke reaktivieren – und ehrlich sein
Der verdeckte Arbeitsmarkt ist riesig – aber man erreicht ihn nur über Menschen. Die gute Nachricht: Viele ehemalige Kollegen, Kunden oder Kooperationspartnerhelfen gern. Die Voraussetzung: Man muss sich melden – und klar artikulieren, was man sucht. Dabei hilft Offenheit mehr als Perfektion. Niemand erwartet, dass man nach einer Kündigung sofort einen Masterplan hat. Aber wer sich zeigt, schafft Anschluss.
4. Kompetenzen gezielt erweitern
Eine Pause ist die perfekte Gelegenheit, Lücken zu schließen. Nicht blind, sondern strategisch. Wo wird mehr Tiefe gebraucht? Was fehlt für den nächsten Schritt? Ob Executive Education, digitales Know-how, agiles Arbeiten oder neue Branchenkenntnisse – wer sich gezielt weiterbildet, erhöht nicht nur seinen Marktwert, sondern auch sein Selbstvertrauen. Die Faustformel: Weiterbilden in Bereichen, bevor es Allgemeinwissen ist.
5. Professionalisierung der Jobsuche
Viele unterschätzen, wie komplex, frustrierend und auch zeitaufwändig die Suche nach einer neuen Rolle sein kann. Stellenanzeigen sind nur die Spitze des Eisbergs. Wer sich auf das klassische Bewerbungsprozedere verlässt, verliert Zeit – und oft auch Motivation. Nutze Tools, professionelle Unterstützung oder Plattformen mit Zugang zu verdeckten Jobmärkten. Gute Jobvermittler machen den Unterschied – auch wenn der Markt gerade zäh ist.
Du musst nicht gebraucht werden, um wichtig zu sein
Ein abruptes Ende zwingt oft zu einem radikalen Neuanfang- das kann auch eine große Chance sein.. „Wer rausfliegt, erlebt oft zum ersten Mal, wie wenig der Markt auf Loyalität gibt. Aber das ist nicht das Ende – es ist der Anfang von echter Selbststeuerung.“ Dirk Schuran Die berufliche Übergangsphase sollte als Sprungbrett genutzt werden:
- Positioniere dich aktiv selbst, bevor du positioniert wirst.
- Mach dich sichtbar, bevor du gesucht wirst.
- Nimm dir die Zeit, dein nächstes Kapitel so zu schreiben, dass du selbst stolz darauf sein kannst.
Gestalte Deine Zukunft!
Über Dirk Schuran
Dirk Schuran ist Ex-CSO von Comatch, mehrfacher Gründer und Business Angel. Er hat über 30 Stationen im Lebenslauf – von der politischen Arbeit über die Medienindustrie bis zu Leadership-Rollen im Start-up. Als Vater, Ex-Marathonläufer und Netzwerker bringt er Perspektive, Klarheit und Energie in die moderne Karriereberatung. Seine Mission: Talente zu stärken, nicht zu verbiegen.
Über Julian Heikenfeld
Julian Heikenfeld ist Ex-Profi-Tennisspieler und passionierter Netzwerker. Er verfügt über 5 Jahre + Erfahrung in der Begleitung beruflicher Veränderungen und der erfolgreichen Besetzung vieler komplexer Rollen. Als Ex-Leistungssportler und Netzwerker bringt er Fokus, Ausdauer und ein weitreichendes Kontaktnetzwerk in die moderne Karriereberatung ein. Seine Mission: Menschen durch Veränderungsprozesse führen und sie in ihrer neuen Rolle optimal zu positionieren.
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