How to Gen Z

Medial wird über die Gen Z viel Negatives berichtet. Doch Generationenkonflikte sind prinzipiell nichts Neues. Viel wichtiger als über Differenzen zu sprechen ist es, die Potenziale herauszustreichen.

„ … die Schüler achten Lehrer und Erzieher gering. Überhaupt, die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat.“ Platon, 427–347 v. Chr.

Auf Tontafeln beschwerten sich die Sumerer ca. 3000 Jahre v. Chr. über die Jugend, Funde von etwa 1000 v. Chr. beschreiben ähnliches vom Volk der Babylonier. In einer Keilschrift der Chaldäa (ca. 2000 v. Chr.) wird gar vom nahen Ende der Welt geschrieben – weil die Jugend „heruntergekommen“ und „zuchtlos“ sei. Wie auch das Zitat von Platon obenstehend zeigt, ist das Unverständnis für jüngere Generationen ein uraltes Ritual.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist es jedoch nur sinnvoll zu versuchen, die jüngere Generation, aktuell die Gen Z, zu verstehen. Im Jahr 2025 werden 25 % der Arbeitnehmer zur Gen Z gehören. Sie leisten dementsprechend einen großen Beitrag zur Wirtschaftsleistung Deutschlands. Zwischen den Generationen muss ein guter Dialog gefunden werden.

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Wer gehört zur Gen Z?

Es gibt unterschiedliche Ansätze, welche Jahrgänge zur Gen Z gehören und deshalb keine eindeutige Antwort. 1995–2010 kann als der gängigste Ansatz gesehen werden. Dementsprechend gehören die 13–28-jährigen zur Gen Z.

Es sind also Menschen, die sich noch in ihrer Schulzeit befinden, aber auch Berufseinsteiger, die bereits die ersten Berufsjahre und Ausbildung bzw. Studium hinter sich haben. Diese Altersspanne bietet sehr spannende Facetten. Medial wird die Generation stark präsentiert. In diversen Artikeln, Newslettern und Blogs ist zu lesen, dass der Gen Z Freizeit sehr wichtig sei und der Job nicht mehr im Fokus stünde. Wochenendarbeitszeit sei z.B. absolut inakzeptabel.

Gibt es diese homogene Zielgruppe Gen Z?

„Auf gar keinen Fall!“ Jenny Maertens

Jenny Maertens ist Innovations- und Transformationsexpertin mit Schwerpunkt auf Kultur und Führung. Beides Themen, die sich stetig verändern müssen, um eine Arbeitswelt zu schaffen, in der Menschen motiviert und produktiv arbeiten können, wollen und dürfen. Sie erklärt im Gespräch, dass es schon immer so war, dass junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen – und andere dort schon sind – und dass das Konfliktpotenzial beinhalte.

„Die Gen Z wird durch die Medien sehr hoch gepusht. Die Fronten wie ‚Gen Z gegen die Arbeitswelt‘ werden verhärtet. Die Kriterien, die genannt werden, mögen für viele stimmen, jedoch kann bei einer Generation von keiner homogenen Gruppe gesprochen werden. Es gibt ein paar Merkmale, die aufgrund der Geburtenrate und den Erlebnissen, die sie bisher gemacht haben, anders sind als bei anderen Generationen. Sie sind digital groß geworden, um ein Beispiel zu nennen. Auch die Art und Weise, wie sie Medien konsumieren, hat sie anders geprägt. Die Arbeitswelt und der Führungsstil muss angepasst werden.“ Jenny Maertens

Was ist der Gen Z nun wichtig?

Es gibt viele Statistiken zu diesem Thema, jedoch können die nicht für den Einzelnen sprechen. Statistisch gesehen sind Inklusion, Umwelt und Nachhaltigkeit wichtige Themen für die Gen Z. Dabei spielt nicht nur hinein, wie viele Bäume ein Unternehmen pflanzt, sondern wie Prozesse und Strukturen ganz allgemein aufgebaut sind, sodass man sie langfristig als sinnvoll erachten kann.

Jedoch: Alle Generationen wollen Sinn und Wirkung in ihrer Arbeit sehen, das ist psychologisch gesehen nur menschlich. Es beginnt schon im Kleinen: Ich möchte verstehen, warum ich etwas tue. Ich möchte, dass mein Tun auf Sinnvolles einzahlt. Auch das Thema Gesundheit ist der Gen Z sehr wichtig. Viele haben gesehen, wie schwer sich ältere Generationen im Arbeitsleben getan haben – und welche Auswirkungen das auf den Körper hatte. Die Gen Z will das anders machen – auch, weil sie die Alternativen haben.

Welchen Einfluss hatte Corona auf die Gen Z?

Gerade Schüler im Alter von 18 oder 19 Jahren sind in den Jahren der Schulschließungen mit Abschottung sehr vereinsamt. Das hat die Generation stark geprägt. Das Thema Teamplay ist für die Jugend aus dieser Erfahrung heraus wichtiger. Was wiederum widersprüchlich ist, weil die Medien berichten, dass nur noch remote gearbeitet werden möchte.

Aber alle der Gen Z, die schon in der Arbeitswelt waren, die remote gearbeitet haben, haben die Vorteile gesehen. Diese Flexibilität wird weiter nachgefragt werden. Im Fall Remote-Work muss schlicht nach dem Sinn gefragt werden. Wenn im aktuellen Projektstatus nur Konzepte geschrieben werden, ist es unnötig, sich eine Stunde für den Arbeitsweg aufzumachen. Aber in Kollaborations-Phasen ist Austausch wiederum wichtig.

„Ich habe nicht den Eindruck, dass alle remote arbeiten wollen. Ich glaube, ‚Flexibilität‘ ist aber das wichtigere Buzzword in diesem Fall. Es ist sinnvoller, auf Team-Ebene zu entscheiden, wie viele Homeoffice-Tage gemacht werden können. Das muss je nach Verhältnismäßigkeit entschieden werden.“ Jenny Maertens

Technologisierte Kommunikation – verlernen wir das offene Gespräch?

Die Gen Z kommuniziert anders als ältere Generationen. Es gibt jetzt schlicht andere neue Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen – und zu bleiben. Eine digitale Gesprächskultur kann nicht für das fehlende offene Gespräch verantwortlich gemacht werden. Die Technologie hat damit weniger zu tun.

„Ich kenne viele Unternehmen, die technologieaffin sind, wo Kommunikation gut funktioniert. Es kommt mehr darauf an, wie die Strategie ist. Die offene Haltung hat mehr Einfluss darauf als der Nutzen der digitalen Kanäle.“ Jenny Maertens

Gen Z und die Produktivität

In der aktuellen Debatte werden (medial) die Themen „Produktivität“ und „Wohlstand sichern“ viel diskutiert. Mit dem (angeblichen) Leistungsverständnis der Gen Z und der allgemeinen Forderung nach der 4 Tage Woche inklusive einer Flexibilisierung der Arbeitswelt werden Stimmen laut, die sich fragen, wie das alles zusammenpassen soll. Wird das Thema falsch angefasst?

„Das Leistungsverständnis, also was ‚harte Arbeit‘ bedeutet, steht für mich als erstes zur Debatte. Leistung ist nicht unbedingt an der Zeit messbar. Natürlich gibt es da branchenintern Meinungen, wo das noch so ist. Aber gerade im digitalen Bereich ist es nicht so, dass jemand, der 8 Stunden im Büro ‚hart‘ arbeitet, DEN Outcome hat.

Mein erster Job war in einem großen Konzern.. Da gab es Kollegen, die über den Tag verteilt drei Raucherpausen gemacht haben, sich mehrere Kaffees geholt haben und länger Essen waren. Dass da der Outcome in diesen 9 Stunden so groß war, stelle ich mal in Frage. Es wird heute teilweise anders gearbeitet – der Begriff Produktivität muss für mich angepasst werden. Wir müssen Lösungen für das System finden, sodass auch nachfolgende Generationen in ihrem Verständnis produktiv arbeiten können.“ Jenny Maertens

Die Messlatte, die in der Berechnung der Produktivität angelegt wird, ist das Produkt aus Anzahl der Arbeitnehmer mal der Anzahl der geleisteten Stunden. In der heutigen Zeit ist diese Rechnung vielleicht nicht mehr adäquat. Unternehmen sollten nach Best-Practice-Beispielen Ausschau halten und sich daran orientieren.

Gen Z führen

Um die Gen Z zu Höchstleistungen zu bringen, muss der Führungsstil angepasst werden. Doch was benötigen sie dafür und wie macht es ihnen Spaß, gesteckte Ziele zu erreichen?
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Führung und fachliche Qualifikation

„Führung wurde ganz klassisch aus einer fachlichen Entwicklung heraus gesehen. Man ist fachlich der Beste und erhält die Führungsposition. Die menschliche Komponente – also ob Menschen gerne führen – wurde nicht hinterfragt. Ich glaube, das ist etwas, was sich stark ändert. Die Gen Z kommt mit einer anderen Benchmark in Unternehmen – die Führungskraft KANN gar nicht mehr die  beste sein – und diesen Anspruch sollte sie auch nicht haben.“ Jenny Maertens

Modernes Führungsverständnis bedeutet, Interesse am Menschen zu haben und als Coach zu agieren. Die Gen Z zeichnet eine gewisse Orientierungslosigkeit und Unsicherheit aus. Als Führungskraft ist es die Aufgabe, Ziele zu erklären, Verständnis zu generieren und Leitplanken zu setzen.

Eigenverantwortung und Karriereleiter

„Ich bekomme relativ oft das Feedback, dass die Gen Z Eigenverantwortung einfordert, jedoch keine Ownership übernehmen möchte. Im Vorfeld muss viel zu diesem Thema aufgeklärt werden.“ Jenny Maertens

Die Gen Z will sehr früh, sehr weit auf der Karriereleiter nach oben. Jenny Maertens rät hier zu Gelassenheit.

„Lassen Sie die Mitarbeiter erst einmal ausprobieren – auch wenn die Vermutung nahe liegt, dass es eventuell nicht klappen wird. Sie werden sehr schnell merken, wo ihre Grenzen liegen.“ Jenny Maertens

Feedbackkultur

Für die Gen Z ist das Thema Feedback sehr wichtig. Die jährlichen Feedbackrunden befremden sie, weil sie es aus der digitalen Welt gewohnt sind, direktes Instant-Feedback zu bekommen. Das sollte sich auch im Arbeitsumfeld widerspiegeln. So lernen sie auch relativ schnell, in Themen hineinzuwachsen.

„Wenn sie das Feedback nicht bekommen, wird es aus meiner Erfahrung nach auch oft nicht eingefordert. So sicher sind sie dann wohl doch nicht.“ Jenny Maertens

Gen Z die Führungsrolle erklären

Warum sind die Grundsätze der Generation Y so kontrahierend mit denen der Gen Z? Aus dem Netzwerk wird berichtet, dass mit einer Selbstverständlichkeit Sachen eingefordert oder kommentiert werden, die befremdlich oder sogar frech wirken. Laut Jenny Maertens hängt das mit zwei Ursachen zusammen:

  • In das Thema spielt der aktuelle Arbeitnehmermarkt hinein. Wo früher weniger Alternativen zu einer „Ich duck mich-Mentalität“ geführt haben, weil es weniger Alternativen gab, können jetzt andere Forderungen gestellt werden.
  • Die Gen Z vergleicht sich sehr viel durch die Transparenz in den sozialen Medien. Es gibt Role Models auf Social Media, an denen sie sich orientieren – mit wenig Selbstreflexion. Auch wenn die jungen Erwachsenen noch nicht so weit sind – sie wollen mithalten.

So ist es umso wichtiger, die Führungsrolle der Gen Z zu erklären – weil viele junge Menschen es sich gar nicht vorstellen können, was es bedeutet, zu führen. Dadurch kann sich schnell Überforderung einstellen.

Generationen verbinden

Gibt es eine Möglichkeit, wie man beide Welten miteinander kombiniert? Was bietet sich an, dass dieser Generationenübergang wertschöpfender umgesetzt werden kann. Denn schlussendlich geht es gar nicht anders. Wir brauchen die technologische Geschwindigkeit der Gen Z genauso wie das komplexe Denken der älteren Generationen.

Experten-Tipps von Jenny Maertens:

  • Dialog ist wertvoll und wirksam – und wirtschaftlich.
  • Gremien gründen, die sehr divers aufgestellt sind, um den Vorstand zu beraten.
  • Offene Ideen sind willkommen.
  •   Reverse-Mentoring – nicht nur ein älterer Mitarbeiter fördert einen jüngeren, sondern auch andersherum. So kommt man in den Dialog.
  • Auf die Vernetzung unter den Generationen auch bei Events achten. Oft richten sich diese an eine Generation – eine Vermischung wäre sinnvoll.
  •  Gemeinsame Ziele haben eine große Wirkung. Da gibt es dann auch keinen Ausweg. Zuerst ruckelt es vielleicht, aber die junge Perspektive und Erfahrung können sehr gut miteinander funktionieren.
  • Sensibilität herstellen und Kommunikation erweitern im Hinblick auf das Thema.

Über Jenny Maertens

Jenny ist Innovations- und Transformationsexpertin mit Schwerpunkt auf Kultur und Führung. Beides Themen, die sich stetig verändern müssen, um eine Arbeitswelt zu schaffen, in der Menschen motiviert und produktiv arbeiten können, wollen und dürfen.

Buchtipp: Annahita Esmailzadeh et al.: Gen Z: Für Entscheider:innen, ‎Campus Verlag

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