Customer Experience in Krisenzeiten
Kunden werden zunehmend anspruchsvoller und sind dadurch auch wechselbereiter. Gleichzeitig nimmt die direkte Interaktion mit Unternehmen ab, da diese immer mehr durch digitale Wege ersetzt wird.
Dies erschwert die Intervention bei negativen Kundenerfahrungen erheblich, da unzufriedene Kunden ihre Erlebnisse schnell über verschiedene Kanäle teilen können. Für Unternehmen ist es daher von entscheidender Bedeutung, die Customer Experience (CX) zur obersten Priorität zu machen, um langfristig erfolgreich zu bleiben.
Daniel Möllerhenn, CX-Experte und Partner für CX-Transformationen bei Bain & Company, erklärt in einem Fireside Chat der Rainmaker Society, worauf Unternehmen in Krisenzeiten beim Customer Experience Management achten müssen.
Kundenorientierung als Erfolgsfaktor
Kundenzentrierte Unternehmen verfolgen das Ziel, das Leben ihrer Kunden zu bereichern, was sich auch auf die Mitarbeiter und die Gemeinschaft ausweitet. Unternehmen, die auf eine starke Customer Experience setzen, erzielen nachhaltiges Wachstum und bessere finanzielle Ergebnisse. Dies bestätigt sich laut Möllerhenn auch im Vergleich zwischen deutschen und amerikanischen Unternehmen: Während in Deutschland oft die Ingenieurskunst im Vordergrund steht, legt der amerikanische Markt den Fokus auf Kundenzufriedenheit – und ist damit besonders in den letzten Jahren erfolgreicher gewesen.
Bain & Company analysierte anhand öffentlicher Daten, dass Unternehmen, die eine kundenorientierte Strategie verfolgen, sowohl für ihre Kunden als auch für ihre Shareholder mehr Wert schaffen. Dies führt zu einem Kreislauf, in dem zufriedene Kunden zu motivierten und loyalen Mitarbeitern beitragen, was wiederum zu einer höheren Kundenbindung führt.
Veränderungen in der Customer Experience
Während Unternehmen früher hauptsächlich auf direkten Kundenkontakt und Serviceleistungen gesetzt haben, hat sich das Kundenverhalten in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. In den 2000er Jahren war der menschliche Kontakt entscheidend. In den 2010er Jahren entwickelte sich der Trend hin zu digitalen Services mit einfachen Zugängen, wie es Amazon vorgemacht hat. Heute, in den 2020ern, sind personalisierte und in Echtzeit stattfindende Kundeninteraktionen das zentrale Element erfolgreicher Customer Experience.
Diese Entwicklung betrifft sowohl B2C- als auch B2B-Kunden. Besonders im B2B-Bereich, in dem die Transaktionen oft größer und komplexer sind, werden die Erwartungen an personalisierte und nahtlose Kundenerfahrungen immer höher. Der digitale B2B-Kunde nutzt heute soziale Medien und andere Online-Quellen zur Recherche, ist besser informiert und erwartet einfache und schnelle Lösungen. Unternehmen müssen sich diesen Herausforderungen stellen und ihre Prozesse entsprechend anpassen.
Was sich nicht verändert hat
Trotz der Digitalisierung und der veränderten Kundenerwartungen gibt es einige fundamentale Prinzipien in der Customer Experience, die sich nicht verändert haben:
- ein kundenzentrierter Zweck, der darauf abzielt, das Leben der Kunden zu verbessern
- Führungskräfte, die den kundenzentrierten Zweck vorleben und ihre Mitarbeiter inspirieren
- eine kundenorientierte Unternehmenskultur, die Teams unterstützt und befähigt, den Unternehmenszweck zu erfüllen
- klare und überzeugende Produkte und Wertversprechen, die leicht zu verstehen sind und die Kundenbindung fördern
- kontinuierliches Feedback durch Systeme wie das Net Promoter System (NPS), um Innovation und Fortschritt voranzutreiben
Was sich geändert hat
Die Digitalisierung und die wachsenden Erwartungen der Kunden haben zu einer Reihe von Veränderungen geführt, die Unternehmen berücksichtigen müssen:
- Nahtlose Kanalübergänge: Kunden erwarten, dass ihre Reise durch verschiedene Kanäle reibungslos und einheitlich abläuft.
- Datengestützte Entscheidungen: Große Mengen an Kundendaten ermöglichen durch fortschrittliche Analysetools tiefere Einblicke in das Kundenverhalten.
- Personalisierung: Kunden erwarten maßgeschneiderte Lösungen und Angebote, die auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind.
- Schnelle Iteration: Unternehmen müssen in der Lage sein, schnell auf Kundenfeedback zu reagieren und kontinuierlich Verbesserungen vorzunehmen.
B2B-Kunden: Von traditionellen zu digitalen Kunden
Traditionelle B2B-Kunden nutzen oft begrenzte Datenquellen und verlassen sich auf Vertriebsmitarbeiter, um Entscheidungen zu treffen. Ihr Einkaufsprozess ist meist vorhersehbar und läuft über bekannte Kanäle. Im Gegensatz dazu sind digitale B2B-Kunden besser informiert, nutzen mehrere Kanäle und erwarten schnellere Entscheidungsprozesse. Sie möchten rund um die Uhr mobil unterstützt werden und legen großen Wert auf einfache und effiziente Lösungen.
Daniel Möllerhenn hebt hervor, dass die Customer Experience im B2B-Segment oft schwieriger zu gestalten ist als im B2C-Bereich, da die Entscheidungswege komplexer sind. Hier sind nicht nur einzelne Personen, sondern auch technische Teams und Key-Entscheider beteiligt, was die Customer Journey deutlich komplizierter macht.
Routinen für eine erfolgreiche CX-Transformation
Damit Unternehmen ihre Customer Experience erfolgreich verbessern und sich an die digitale Transformation anpassen können, sind einige zentrale Routinen entscheidend:
- Ganzheitlicher Ansatz: Eine erfolgreiche Kundenzentrierung erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Abteilungen des Unternehmens einbezieht.
- Kundenorientiertes Denken: Das kundenorientierte Denken und Handeln muss tief in der Unternehmenskultur verankert sein.
- Promoter System: Das NPS ist ein bewährter Ansatz, um Kundenfeedback strukturiert zu erfassen und in die Unternehmensstrategie zu integrieren.
Häufige Fallstricke im Customer Experience Management
Trotz der besten Absichten gibt es zahlreiche Fallstricke, die Unternehmen im Rahmen ihrer CX-Transformation vermeiden sollten:
- Führungsteam nicht abgestimmt und nicht engagiert
- Kein überzeugender Grund für Veränderungen
- Metriken sind nicht verlässlich oder nicht vertrauenswürdig
- Keine klare Priorisierung und Umsetzung von Maßnahmen
- Prozesse nicht auf tägliche Routinen angepasst
- Zu starker Fokus auf Metriken statt auf das Verhalten
- Anreize zu früh an Kundenfeedback geknüpft
- Fehlende frühe Erfolge und Vertrauen
CX in Krisenzeiten: Chance für Wachstum
In Krisenzeiten ist es für Unternehmen besonders wichtig, die Customer Experience in den Vordergrund zu stellen. Die derzeitige Mischung aus Inflation, Lieferkettenproblemen, Fachkräftemangel und steigenden Kapitalkosten stellt eine enorme Herausforderung dar. Unternehmen, die sich jedoch auf ihre Kunden konzentrieren und die Kundenbindung fördern, haben die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Laut Möllerhenn bieten Krisen eine einzigartige Gelegenheit für starkes und nachhaltiges Wachstum. Unternehmen, die ihre Promotoren aktivieren und gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, können langfristig erfolgreich sein und müssen nicht ständig neue Kunden akquirieren. Stattdessen erzielen sie eine höhere Profitabilität durch die Bindung bestehender Kunden.
Fazit
Das Management der Customer Experience ist für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens unerlässlich – besonders in Krisenzeiten. Unternehmen, die sich auf ihre Kunden konzentrieren und ein starkes CX-Engagement an den Tag legen, haben die Möglichkeit, sich nachhaltig zu positionieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Über Daniel Möllerhenn
Daniel Möllerhenn ist Customer Strategy Advisor und Expert Partner für CX-Transformationen bei Bain & Company und unterstützt Unternehmen dabei, durch kundenorientierte Transformationen nachhaltigen Wert zu schaffen. Sein Fokus liegt auf der Implementierung des Net Promoter Systems® und der Generierung von loyalen Kunden in verschiedenen Branchen.
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